Die außergewöhnlichen Veränderungen der Kapitalmärkte im Jahr 2022 haben erhebliche Auswirkungen auf das Geschäft der Lebensversicherungsunternehmen, insbesondere aufgrund der aktuellen erheblichen Diskrepanz zwischen dem Höchstrechnungszins und dem Marktzins. Diese Entwicklungen wurden von Christian Eck, Leiter Versicherungen – Aktien und nachhaltige Lösungen bei BNP Paribas, Deutschland, aufgegriffen.
Nach eineinhalb Jahren in der „Hochzinsphase“ sind die Implikationen für Vertrieb und Neuproduktentwicklung deutlich sichtbar. Lebensversicherungsunternehmen stehen insbesondere im Neugeschäft vor Herausforderungen, da Kunden ihre Renditeerwartungen nach oben korrigieren. Viele Altersvorsorgeprodukte, die von Rechnungszinsen abhängig sind, zeigen hingegen auffällig schwache Ergebnisse.
Besonders betroffen ist das Neugeschäft mit Einmalbeiträgen. Während Versicherer in den Jahren kontinuierlich sinkender Zinsen noch von langfristigen Anlagen profitieren konnten, sind die Angebote vieler Banken heute attraktiver als Produkte, die an das Sicherungsvermögen der Versicherer gebunden sind, und zwar zu den aktuellen Marktzinsen. Die deutlich gestiegenen Zinsen eröffnen den Versicherern jedoch auch Chancen, neue Wege in der Gestaltung von Vorsorgeprodukten einzuschlagen. Kapitalmarktorientierte Einmalbeiträge stellen eine kurzfristig umsetzbare Lösung dar. Dabei sind vier Aspekte besonders relevant: Vertrauen in die finanzielle Stärke des Absicherungspartners, geringer Erklärungsbedarf für den Kunden, Attraktivität in Bezug auf mögliche Renditen und die Auswahl des Index für die Kapitalmarktanbindung.
Je nach Struktur und aktuellem Zinsniveau könnten kapitalmarktorientierte Einmalbeitragsprodukte eine vollständige Kapitalrückzahlung bieten und zusätzlich eine über Mindestverzinsung hinausgehende Rendite berücksichtigen. Bei Laufzeiten ab zwölf Jahren kommt zudem der übliche Steuervorteil von Lebensversicherungen hinzu. Die Konstruktion dieser Einmalbeiträge basiert auf einer Aufteilung der Investition in einen festverzinslichen Teil, der die vereinbarte Kapitalgarantie am Ende der Laufzeit sichert, während der verbleibende Anteil chancenorientiert über eine Indexanbindung investiert wird. Der festverzinsliche Teil basiert normalerweise auf einer Anleihe, die von einem Emittenten als Absicherungspartner aufgelegt wird. Für den chancenorientierten Anteil wird die Performance verschiedener diversifizierter Kapitalmarktindizes genutzt. Das Ziel ist es, einen Mehrertrag über den festverzinslichen Anteil hinaus zu generieren. Bei der Gestaltung des Einmalbeitrags ist die Möglichkeit gegeben, zwischen einer starken Garantie (festverzinslicher Anteil) und der Darstellung von chancenorientierten Renditeoptionen (chancenorientierter Anteil) zu wählen. Daher sollte im Rahmen der Produktentwicklung geklärt werden, ob das Produkt aus Sicht der Kunden eher auf „Kapitalsicherheit“ oder „Performance-Chance“ abzielen soll. Zur Umsetzung stehen dem Versicherer zwei Möglichkeiten offen – entweder durch Anleihen im Rahmen einer anleihegebundenen Rentenversicherung oder über streng regulierte UCITS-Laufzeitfonds im Rahmen von fondsgebundenen Rentenversicherungen. Letztere können eine zusätzliche „harte“ Rückzahlungsgarantie für das investierte Kapital bieten.